1946 habe ich als junger Mann, gerade aus dem Krieg gekommen, zusammen mit einem älteren Kollegen das Stadttheater Jena gegründet. Der Ältere wurde Intendant, ich wurde Chefdramaturg, Regisseur und Schauspieler. Das Stadttheater Jena wurde bis dahin vom National-Theater Weimar bespielt. Wir hatten bald ein grandioses Ensemble zusammen. Es war eine abenteuerliche Zeit. Meine Gage wurde mir oft im Vorübergehen vom Intendanten aus der Westertasche bezahlt - 250 Mark. Man mag über eine solche Summe heute lächeln - damals was es etwas. Von Jena wurde ich nach drei Jahren zum Erfurter Theater in gleicher Position gerufen. Zwei Jahre dort. Flucht nach Westberlin.
Hier schrieb ich mein erstes Theaterstück 'Perspektiven'. Ein Theaterstück, das in einer vollendeten Diktatur
spielte - dort gab es keine Individuen mehr - Motto war: Die Partei ist deine Heimat. Der Chef der 'Tribüne' bekam das Stück in der Hand und wollte es uraufführen - aber - das war damals nicht so
ganz einfach. Die Intellektuellen im Westen standen super links und so ein Stück war für sie eine Provokation. Sie wollten mich zwar in eine rechte Ecke stecken, begriffen aber gar nicht, dass
ich, weil auch ich links war, den Verrat der Idee anprangerte. Die Uraufführung fand statt - obgleich alles dagegensprach. So hatte die wichtige Besucherorganisation der Freien Bühne das Stück
abgelehnt - obwohl es schon im Vorheft abgekündigt war. Das ganze Thema passte ihnen nicht und als ich dann noch die Internationale mit gestopfter Trompete blasen ließ - da war es
aus.
Nun stand der Chef des Hauses, Frank Lothar ohne eine Besucherorganisation da. Es gab jetzt nur noch den freien Verkauf. Das war höchste Alarmstufe für seine
Finanzkasse.
Die Uraufführung war ein großer Erfolg, mehr, mehr - ein sensationeller Erfolg. Filmmitschnitte, extra hierfür gedreht, kommunistische Busch-Lieder -
überall Plakate und Schriftbänder. Der Berliner Kritiker Luft schrieb in seiner Kritik: "...man glaubte sich auf der falschen Hochzeit".
Und Glück muss man haben. Die gesamte Presse fiel über die Volksbühne her. Die Presse gab Pressekonferenzen, die Volksbühne auch - und immer wieder. Die
Zeitungen waren voll davon. Der 'Kurier', eine Berliner Zeitung, die es heute nicht mehr gibt, widmete dem Stück und der ganzen Problematik eine ganze Seite. Es wurden Flugblätter vor dem Theater
verteilt - ohne unser Zutun - Flugblätter gegen die Volksbühne und für mein Stück. Das ging in der Presse noch wochenlang so. Der 'Berliner Tagesspiegel' erschien an jedem Tag mit einer
Feuilletonspitze 'Volksbühne ohne Perspektiven' - Neue Nachrichten'. Über zwei Monate lang. Zuckmayer traf mich - Und es wurde gesagt: "Du hast Berlin erobert!". So war es auch.
Das war mein Schritt zum nächsten. Ich wurde von den Berliner Festspielen beauftragt, ein Stück für das Hebbel-Theater zu schreiben. Das geschah. Titel 'Und
will sie durchs Feuer führen'. Uraufführung ein paar Monate nach der von 'Perspektiven', die nun auch in der Bundesrepublik nachgespielt wurden.
Ich hatte einen Namen - so darf man das nun sagen.
Es folgte ein Theaterstück für Iserlohn 'Das große Verhör' - dafür hatte sich auch der große Regisseur Fehling interessiert, der jedoch schwer krank wurde.
Die Bühne hatte ihn verloren.
Nun kam ich Mainz näher, dem Theater in Mainz, dem heutigen Staatstheater. Mein Stück 'Der Mann auf dem Sockel' stand zur Uraufführungsentscheidung. Aber der
Intendant Taube war die Vorsicht selbst. Die beiden Besucherorganisationen mussten zum 'Ja' kommen. Das geschah und damit konnte es losgehen.
Eine Revolution kurz vor dem Endsieg. Der letzte Sturm auf die Hauptstadt. Sieg. Nur der Revolutionsführer ist verschwunden. Die Bevölkerung will ihn feiern.
Als letzte Notwehr der Sieger bleibt nur seine Todeserklärung. Ein Scheinstaatsbegräbnis findet statt und der Revolutionsführer taucht wieder auf - er war verschüttet. Nun sieht er seinem eigenen
Begräbnis über Monitor zu und hört die Trauerreden, auch die seines Stellvertreters, der nun seinen Platz eingenommen hat. Über zwanzig Monitore am Bühnenportal flimmerte das Staatsbegräbnis.
Dafür hatte ich in Londoner Filmarchiven nachgeforscht und einen entsprechenden Filmstreifen gefunden, der neutral genug war.
Der Revolutionsführer musste tot bleiben, sonst war die neue Führung unglaubwürdig. Es wurde auf eine Insel verbannt - und weiter - -
Fast gleichzeitig bat mich die Stadt Würzburg um ein Freilichtfestspiel aus Anlass des 450. Todestag von Tilman Riemenschneider. Das schrieb ich. Mein alter
Freund und Gönner Boleslaw Barlog vom Schiller-Theater las mein Stück und gab ihm einen guten Segen. Es wurde auf der Festung Marienberg in Würzburg in zwei Sommern 53x gespielt und dann ins
französische von Jean Pierre Frantz übersetzt.
Das Ernst-Deutsch-Theater in Hamburg nahm mein Francois Villon-Stück 'Die Dornenkrone hab ich mir geflochten' zur
Uraufführung an. Es wurde 43x gespielt.
Ein Musical 'Klaas Störtebeker' wartet im Norden, in Husum, auf seine Uraufführung. Ein Freilichtfestspiel - 1100
Plätze im Binnenhafen von Husum. Es wurde 53x gespielt.
Perspektiven
(1952)
,,, und will sie durchs Feuer führen
(1955)
Das große Verhör
(1955)
Der Mann auf dem Sockel
(1981)
Tilmann Riemenschneider
(1981 u. 1982)
Die Dornenkrone hab ich mir geflochten
(1990)
Klaas Störtebeker -
Eine Piratenrevue
(1998)
Theater-Manuskripte